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Widersprüche in der Zyklusforschung zwischen Lehrmeinung und Praxis

J.Rötzer
Institut für Natürliche Empfängnisregelung (INER) Prof.Dr.med.Rötzer e.V.
 

Zusammenfassung (Stand Januar 2001)

Grundlage der vorliegenden Arbeit ist die nunmehr 50-jährige Erfahrung des Autors mit mehr als 300.000 archivierten Zyklusauszeichnungen von etwa 7000 Frauen. Aufgrund dieser eigenen Erfahrung soll eine Klarstellung bestimmter Lehrmeinungen versucht werden, wie sie in gängigen Lehr- und Handbüchern der Gynäkologie anzutreffen sind, in denen der Zyklus in ein zu starres Schema gepresst wird (z.B. 28 ± 3 Tage, Ovulation mittzyklisch gelegen). Daraus ergeben sich falsche Konsequenzen für Diagnose und Therapie. Die Bedeutung von Zyklusaufzeichnungen kann sich in der notwendigen Korrektur eventuell falscher Vorgehensweisen oder auch im Gewinn zusätzlicher Erkenntnisse in folgenden Situationen zeigen:

  • Bei (bisher unerfülltem) Kinderwunsch.
  • Bei unregelmäßigen Zyklen sowie Oligomenorrhö und Polymenorrhö.
  • Zur richtigen Bestimmung des Geburtstermins auf Grund des persönlichen Konzeptionstermins um die noch immer anzutreffenden künstlichen Frühgeburten bei Konzeptionen spät im Zyklus bei einem langen Zyklus zu vermeiden.
  • Zur zyklusgerechten* Hormonbestimmung.
  • Zur zyklusgerechten* Applikation von Progesteron.
  • Zum Erkennen eines über längere Zeit bestehenden Hyperöstrogenismus als mögliche Ursache eines Endometriumkarzinoms.

Eine nicht der Realität entsprechende Darstellung des Verlaufs der Aufwachtemperatur (angeblich notwendiger Temperatursprung von mehreren Zehntelgraden) und fehlende Anleitungen zur korrekten Messung der Aufwachtemperatur haben viele irreguläre Temperaturkurven zur Folge. Das hat zu einer weit verbreiteten Abwertung der Bedeutung der Temperaturmessung geführt. Im Gegensatz dazu will diese Arbeit aufzeigen, dass die Selbstbeobachtung des Zervixschleims kombiniert mit der Messung der Aufwachtemperatur fast immer zu verwertbaren Ergebnissen führt und unverzichtbar ist für die ersten Schritte einer Zyklusanalyse in der ärztlichen Praxis sowie für bestimmte therapeutische Maßnahmen.

* Der Terminus "zyklusgerecht" bedarf einer Präzisierung. Damit soll betont werden, dass sich das Vorgehen dem Ablauf des persönlichen Zyklus anpassen soll, wie er sich in der Zyklusaufzeichnung darstellt. Es kann jedoch in der Literatur eine andere Auffassung gefunden werden, wenn beispielsweise generell von einer "zyklusgerechten Verab­reichung eines Gestagens vom 16.-25.Zyklustag" gesprochen wird, z.B. [42: S.28]. Es ist dies für einen 28-Tage-Zyklus angemessen. Für viele Zyklusverläufe ist es aber nicht angemessen - ist "nicht zyklusgerecht" - und kann mit negativen Folgen verbunden sein, wie z.B. Dauerblutungen oder anschließende vermehrte Zyklusunregelmäßig­keiten.

Summary

The present study is based on the author’s experience of 50 years with over 300,000 archived cycle charts from about 7,000 women. Drawing on this experience he attempts to shed light on certain opinions encountered in conventional gynecological textbooks and manuals, where the female cycle is forced into a rigid stereotype (e.g., 28 ± 3 days with ovulation "mid-cycle"). Cycle chart data can, in the following situations, provide a significant necessary corrective to avoid erroneous decisions about what procedures to recommend when treating a patient, and can provide additional information about the patient’s condition:

  • Infertility (still unsuccessful in attempts to conceive).
  • Irregular cycles, oligomenorrhea, polymenorrhea.
  • Correct prediction of due date, using one’s own personal cycle data to identify the date of conception, thus avoiding the problematic situation (still encountered) of induced births artificially premature in cases of "conception late in the cycle" in a long cycle.
  • Cycle-appropriate* hormone determination.
  • Cycle-appropriate* administration of progesterone.
  • Recognizing a long-term hyperestrogenism as a potential source of endometrial carcinoma.

Textbooks showing unrealistic waking-temperature curves (to display a supposedly "necessary" temperature jump of several tenths of a degree Celsius) and incomplete instructions for correct taking of the waking temperature, have as a consequence many "irregular" temperature patterns, uninterpretable by the misguided rules or erratic because of poor temperature-taking technique. And because of that many reject temperature taking as having any significance. The present paper, on the contrary, will demonstrate that self-observation of the cervical mucus combined with taking the waking temperature almost always leads to interpretable results, and is an indispensable first step toward analysis of the cycle in one’s medical practice and for identifying appropriate therapeutic measures.

* The term "cycle-appropriate" needs to be understood precisely. We wish to emphasize by the term "cycle-appropriate" that any proposed procedure match the unfolding of the observed data in the patient’s personal cycle pattern as shown on her charts. Elsewhere in the literature we find a very different usage for the term. For instance one generally reads of a "cycle-appropriate administration of progestins during the 16th to 25th day of the cycle" e.g. [42: p.28]. This is appropriate for a 28-day cycle, but it is not appropriate in many cycles - not "cycle-appropriate" - and can be associated with negative consequences, such as, for instance, continuous bleeding or increased cycle irregularities.

Einleitung

Im März 1951 begann der Verfasser dieser Zeilen nach Möglichkeiten zu suchen, ob und wie eine Frau die verschiedenen Phasen ihres Menstruationszyklus beobachten und unterscheiden könnte. Aus den Jahren 1944 und 1945 lagen drei englischsprachige Arbeiten vor [2,13,47], die zur Technik der Temperaturmessung den maßgeblichen Hinweis gaben, nämlich die Messung "unmittelbar nach dem Aufwachen" vorzunehmen ("immediately on waking"). Daher wurde von Anfang an im eigenen Beratungsdienst die notwendige Temperaturmessung als "Aufwach­temperatur" ("waking temperature") [2] bezeichnet. Mit dem in der medizinischen Literatur verwendeten Begriff "Basaltemperatur" sind von der Frau vielfach kaum zu erfüllende Voraussetzungen verbunden, wie z.B. Messung täglich zur selben Uhrzeit, das Vorliegen von mindestens sechs Stunden Schlaf, usw. Der Name "Aufwachtemperatur" gibt den maßgeblichen Hinweis, dass die Temperaturmessung unmittelbar nach dem Aufwachen als erste Handlung vorgenommen werden soll. Eine gleichbleibende Uhrzeit des Messens ist nicht notwendig, es ist auch unwesentlich ob die Nachtruhe gestört oder in der betreffenden Nacht der Schlaf einmal kürzer als sechs Stunden war. Nähere ausführliche und praktisch relevante Anleitungen zu dieser nunmehr für alle interessierte Frauen durchführbar gewordene Temperaturmessung mit einer kritischen Auseinandersetzung mit den Problemen im Zusammenhang mit der "Basaltemperatur" finden sich bei Rötzer [38,39].

Von allem Anfang an wurde in unseren Anleitungen zur Zyklusbeobachtung die Selbstbeobach­tung des vermehrt gebildeten Zervixschleims in der präovulatorischen Phase gelehrt. Der in dieser Phase zu beobachtende Zervixschleim stellt für die Frau ein Zeichen der Fruchtbarkeit dar und ermöglicht die Feststellung der persönlichen fruchtbaren Tage. Bei Rötzer [38,39] ist ausführlich beschrieben, was alles als ein Zeichen der Fruchtbarkeit angesehen werden kann. Über die Bedeutung des präovulatorisch auftretenden verflüssigten Zervixschleims für die Ermöglichung einer Konzeption bestand bereits 1951 eine umfangreiche Literatur in deutscher, englischer und französischer Sprache (Knaus, 1953) [22], (Rötzer, 1968) [36]. Gelegentlich konnte man in den betreffenden Arbeiten den Hinweis finden, dass manche Frauen den äußerlichen Abgang des Zervixschleims selbst beobachten könnten. Interessanterweise wurden im eigenen Beratungsdienst spontan Fragen nach der Bedeutung eines im Zusammenhang mit dem Temperaturanstieg vorübergehend auftretenden "schleimigen Ausflusses" gestellt. Nach entsprechender Instruktion konnten immer mehr Frauen die vorübergehende vermehrte Sekretion des Zervixschleims beobachten und auch Differenzierungen innerhalb des Zervixschleims vornehmen. Es stellte sich bald heraus, dass praktisch fast alle Frauen zu dieser Beobachtung hingeführt werden können. Die ersten diesbezüglichen Zahlen wurden von Rötzer 1968 [36] publiziert. In einer Fünf-Völker-Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 1981) [52] wurden die besten Ergebnisse mit der Zervixschleimbeobachtung aus Indien berichtet: 99,5 Prozent der indischen Frauen waren nach einer ersten Instruktion imstande, den Zervixschleim zu beobachten und entsprechend auszuwerten.

Kombination von Zervixschleimbeobachtung und Temperaturmessung

Bei der eigenen Arbeit ging es vor allem darum, ob eine Vorgangsweise entwickelt werden könnte, die eine zuverlässige Regelung der Empfängnis möglich macht. Buxton und Engle [3] berichteten 1950, dass bei einer Reihe von Fällen bei Operationen am Tag eines deutlichen Temperatur­anstieges im Ovar ein noch nicht rupturierter sprungreifer Follikel zu finden war und nicht unbedingt bereits ein Gelbkörper. Das bedeutete, dass die Ovulation in bestimmten Fällen erst in der zweiten höheren Messung erfolgen könnte - oder noch später.

Für die eigene Arbeit war es daher von Anfang an nach Buxton und Engle [3] klar, dass zumindest drei höhere Messungen abzuwarten wären, um eine unfruchtbaren Phase annehmen zu dürfen. In diese Annahme fügt sich die 1959 von Holt [17] angegebene und geradezu geniale Regel zur Auswertung der Aufwachtemperatur zwanglos ein: Man suche drei höhere Messungen die höher sind als die sechs vorangegangenen Messungen. Nach Holt war es nur notwendig, dass jede der drei höheren Messungen mindestens 0,1°C höher war als die höchste Messung der vorangegange­nen sechs tieferen Messungen. Mit Vorliegen der dritten höheren Messung befand man sich nach Holt in einem Bereich der Hochlage, ab dem Unfruchtbarkeit angenommen werden konnte. An dieser Stelle sei die Bemerkung erlaubt, dass das Buch des Holländers Holt in deutscher Übersetzung in einem medizinischen Verlag in Wien erschien, jedoch nicht beachtet und vor allem die Regel nach Holt in ihrer Bedeutung nicht erkannt wurde. Es ist allerdings mit der Regel nach Holt - wie mit der Temperaturmessung überhaupt - nicht möglich, den "Tag der Ovulation" zu bestimmen. Es ist dies für Zwecke einer Empfängnisregelung auch nicht notwendig, da es um die Bestimmung von Beginn und das Ende der fruchtbaren Tage geht.

Auf Grund eigener Erfahrung ergab sich im Verlaufe von einigen Jahren das zusätzliche Erfordernis, dass die drei höheren Messungen

1. nach dem letzten Tag mit dem besten Zervixschleim liegen müssen (Rötzer, 1968) [36] und

2. dass mit der dritten höheren Messung mindestens 0,2°C Temperaturdifferenz zur höchsten der sechs tieferen Messungen erreicht sein muss (Rötzer, 1979, S.35) [37]. Darin ist eingeschlossen, dass vor der dritten höheren Messung ein langsamer Anstieg liegen kann. Auch in einem derartigen Zyklus kann eine Frau schwanger werden.

Mit der o.a. Regel lässt sich in der Temperaturhochlage der Beginn jener Tage ermitteln, die sich bisher stets als absolut unfruchtbar erwiesen haben. Über diese Form der ersten echten symptothermalen Methode schreibt Hoffmann (1996, S.256) [16]: "Dieses Verfahren geht auf den Österreicher Rötzer zurück, der die Methode erstmals 1968 [36] beschrieb". In Raith u. Mitarb. (1999, S.9) [31] wird darauf hingewiesen, dass "im Jahre 1965 der österreichische Arzt Rötzer die weltweit erste sympto-thermale Methode mit einer differenzierten Auswertung der Temperatur in Abhängigkeit vom Zervixschleim publizierte"; 1965 [35] war dies ein Leitfaden für Ehepaare. Bei Raith u. Mitarb. [31], einem maßgeblichen Standardwerk auf diesem Gebiet, finden sich auch wertvolle Hilfen zur Selbstbeobachtung des Zervixschleims, die für Frauen mit bisher unerfülltem Kinderwunsch von größter Bedeutung sind. Alle bei Raith u. Mitarb. [31] angegebenen Regeln zur Auswertung der Temperatur und die Mehrzahl der in den Zyklusaufzeichnungen verwendeten Symbole sind aus den Arbeiten von Rötzer [35,36,37] übernommen; abweichend von Rötzer ist die getrennt vorgenommene Auswertung von Zervixschleim und Temperatur, doch kommen beide Vorgangsweisen in der Regel zum gleichen Ergebnis.

Erste Anmerkungen zur Fragwürdigkeit verschiedener Lehrmeinungen

Beim Literaturstudium fällt auf, welch breiten Raum der 28-Tage-Zyklus mit der Ovulation in der Mitte des Zyklus ("mittzyklisch") einnimmt und nur wenige Tage Abweichungen davon als noch "normal" angesehen werden. Wenn man jedoch Zehntausende von Zyklen gesehen hat, dann wird klar, dass es Zyklen von längerer, bzw. auch kürzerer Dauer gibt, bei denen die Zeichen der Fruchtbarkeit nicht "mittzyklisch" zu beobachten sind und in diesen Tagen - ebenfalls nicht "mittzyklisch" sondern in langen Zyklen spät im Zyklus und in sehr kurzen Zyklen ungewöhnlich früh im Zyklus - immer wieder Schwangerschaften eintreten. Aus der gängigen Literatur ist ersichtlich, dass zur Erforschung des Zyklusablaufes vornehmlich Frauen mit "regelmäßigen Zyklen" um 28 Tage Länge herangezogen werden. In einem derartigen Kollektiv spielen sich die Vorgänge um die Ovulation naturgemäß "mittzyklisch" ab. Das führt jedoch zu einem nicht ganz zutreffenden Bild über die alltäglichen und durchaus normalen Zyklusverläufe, die von der vorgefassten Meinung abweichen. Die Folge davon sind ein nicht immer sachgerechtes Vorgehen bei der Diagnose mit daraus resultierenden falschen Ergebnissen und eine oft nicht zielführende Therapie. Die geschilderten Vorgehensweisen sind nicht dem persönlichen Ablauf des Zyklus angepasst, sind nicht "zyklusgerecht" im eigentlichen Sinn des Wortes; hierüber wird noch gesondert zu sprechen sein.

Zyklusbeobachtung als erster Schritt

Bei bisher unerfüllt gebliebenem Kinderwunsch sowie bei unregelmäßigen oder langen Zyklen wird in unseren Beratungsdiensten als erstes eine sachgerechte Zyklusbeobachtung verlangt. Die wenigsten Frauen wissen, wo im Zyklus die fruchtbaren Tage zu suchen sind, zumal diese sehr oft nicht "mittzyklisch" gelegen sind. Es ist überraschend, wie oft allein nach der Bestimmung der persönlichen fruchtbaren Tage die gewünschte Schwangerschaft eintritt. Im Verlaufe dieser Zyklusbeobachtung wird in unseren Beratungsdiensten auch der Frage nachgegangen, ob eine Allgemeinerkrankung vorliegt, die zu Zyklusstörungen führen kann. So kann es notwendig werden, dass der Rat gegeben werden muss, Bestimmungen z.B. von Prolaktin, Androgenen und Schilddrüsenhormonen vornehmen zu lassen.

Wenn eine Schwangerschaft in einem langen Zyklus spät im Zyklus eintritt, ist dieser späte Konzeptionstermin auch der Ausgangspunkt für die Berechnung des Geburtstermins. Bereits 1946 übte Tompkins [48] harte Kritik an der üblichen Berechnung des Geburtstermins ausgehend vom Tag der letzten Menstruation. Bei Konzeptionen spät im Zyklus kam er unter Mitverwertung der ihm vorliegenden Aufwachtemperaturkurven auf eine theoretische und immer noch als zutreffend anzusehende Schwangerschaftsdauer von 266 Tagen. Die bei uns mitarbeitenden Frauen haben in dieser Frage immer wieder Auseinandersetzungen mit ihren Gynäkologen, die den Termin nach Naegele bestimmen möchten; die vorgesehene zusätzliche Korrektur bei langen Zyklen scheint nicht zu funktionieren. So erleben wir bedauerlicherweise noch immer künstliche Frühgeburten. Auf Grund dieser negativen Erfahrungen ging eine Reihe von Frauen dieser Auseinandersetzung einfach dadurch aus dem Wege, dass sie ein Datum der letzten Menstruation angaben, das sie 14 Tage vor dem von ihnen selbst bestimmten Tag der Konzeption ansetzten. Daraufhin kam die Terminberechnung nach Naegele zum selben Ergebnis wie unsere Berechnung auf Grund des Konzeptionstermins.

Für eine richtige Bestimmung des Konzeptionstermins auf Grund der Zyklusbeobachtung ist nicht nur der Verlauf der Aufwachtemperatur maßgeblich, sondern es ist auch die Selbstbeobachtung des Zervixschleims von besonderer Bedeutung. Eine junge Kollegin, die im Verlaufe ihrer Ausbildung zur Gynäkologin knapp vor der Jahrtausendwende ein Jahr an einer Klinik in England arbeitete, hatte dort wegen der von uns vertretenen Terminbestimmung auf Grund des Konzeptionstermins Streitgespräche mit ihrem Chef. Diese unerklärlichen Dinge, dass man einen auf Grund der Zyklusaufzeichnung bestimmten Geburtstermin in der heutigen Zeit noch immer verteidigen muss, geschehen daher nicht nur im deutschen Sprachraum; der Autor dieses Beitrages konnte dasselbe Phänomen auch bei seinen oftmaligen Aufenthalten in den USA feststellen.

Bedeutung der Zyklusbeobachtung zum Erkennen eines Hyperöstrogenismus

Das Erlernen der Wahrnehmung des östrogen bedingten vermehrten Zervixschleims als ein Zeichen der fruchtbaren Tage kann sich im Leben einer Frau in einem weiteren Sinne positiv auswirken. Bei einem lang dauernden Östrogenüberschuss kann die Frau lang dauernde Zer­vixschleimphasen beobachten, an die sich bisweilen keine Hochlage der Temperatur anschließt. Mit derartigen Zervixschleimphasen können auch starke Blutungen verbunden sein. Auf diese Art und Weise ist ein lang dauernder Hyperöstrogenismus, der in der weiteren Folge zu einem Endometriumkarzinom führen kann, der Beobachtung der Frau zugänglich. Dadurch ist es mög­lich, diese Frauen rechtzeitig einer Therapie mit Progesteron zuzuführen. Unsere Beratungs­dienste sind überhaupt bemüht, unregelmäßige Zyklen mit überlangen Zervixschleimphasen auch bei Frauen ohne Kinderwunsch einer Regulierung zuzuführen. Dazu haben wir ein schrittweises Vorgehen entwickelt, das bei Rötzer (1999) [38] ausführlich beschrieben ist.

Die Bedeutung der Zyklusbeobachtung bei langen und unregelmäßigen Zyklen

Bei der Zyklusbeobachtung von Zyklen die beträchtlich länger als 28 Tage sind, zeigt sich in der Mehrzahl der Fälle im Anschluss an die spät im Zyklus zu beobachtenden Zeichen der Fruchtbarkeit eine normal lange Hochlage der Aufwachtemperatur. Ein derartiger Zyklusverlauf sollte unserer Ansicht nach nicht sofort als eine "Zyklusstörung", bzw. "Regeltempostörung" im Sinne einer behandlungsbedürftigen "Oligomenorrhö" angesehen werden. Selbst wenn ein langer biphasischer Zyklus eine verkürzte Hochlage aufweisen sollte, warten wir im allgemeinen noch einige Zeit zu.

Wenn man nach einem aufklärenden Gespräch den langen Zyklus für einige Monate fortlaufend beobachten lässt, kann es sozusagen von selbst zu einer Regulierung und Verkürzung des Zyklus kommen. Ober [27] schrieb bereits 1952 in seiner Arbeit "Aufwachtemperatur und Ovarial­funktion" (S.361): "Man macht häufig die überraschende Feststellung, dass sich während des Messens aus zunächst nicht erklärbaren Gründen ein fester Zyklus einstellt". Ober [27] gibt den Rat, die Temperatur am besten zur Zeit des Erwachens zu messen, wobei "Schwankungen der Messzeit um 1 bis 2 Stunden zwischen 6 und 9 Uhr erfahrungsgemäß keine wesentliche Rolle spielen". In der Ambulanz der Klinik lieferten etwa 10% der Patientinnen "aus mangelnder Einsicht oder unzureichendem Interesse unbrauchbare Messungen". Es heißt dann weiter: "Ließen wir solche Frauen in der Klinik nachmessen, so erhielten wir immer brauchbare Kurven. Es gibt Untersucher, die unter 1184 Zyklen nur 3% nicht verwerten konnten". Es ist dies auch unsere Erfahrung, ebenso wie die einer ganzen Reihe anderer Autoren, die 1966 einer wissenschaftlichen Gruppe der Weltgesundheitsorganisation angehörten und deren Ergebnisse 1967 publiziert wurden [51]. Zu diesem Gremium zählte auch Döring, bei dem die von dieser Gruppe formulierte Auswertungsregel nachgelesen werden kann [7: S.20]. Es ist allerdings "von entscheidender Bedeutung, dass den Patientinnen die Durchführung der Messung einprägsam erklärt wird", wie beispielsweise Ober [27] unter Anführungen weiterer notwendiger Informationen ausführlich darlegt.

Vor Ober führte bereits 1948 Tietze [46] an Hand zahlreicher eigener Beobachtungen die Vorteile einer fortlaufenden Messung der "Morgentemperatur" an, der "unmittelbar nach dem Erwachen am Morgen festgestellten Körperwärme", und zitiert die "waking temperature" ("Aufwachtemperatur") nach Barton und Wiesner [2]. Tietze trifft zu Beginn seiner Arbeit die bemerkenswerte Feststellung: "Es ist unverständlich, dass eine so lange bekannte Tatsache wie die Möglichkeit, den weiblichen Zyklus klinisch durch den Verlauf der Morgentemperaturkurve verfolgen zu können, nicht schon längst zu einer gesicherten diagnostischen Methode erhoben und ausgebaut worden ist."

Wie später zu zeigen sein wird, ist dies vor allem infolge irreführender Informationen noch immer nicht im wünschenswerten Ausmaß geschehen. Die bei uns mitarbeitenden Frauen sind immer wieder betroffen, dass die von ihnen geführten Zyklusaufzeichnungen von der Mehrzahl der Kollegenschaft kaum akzeptiert werden. Es ist dies irgendwie verständlich, da sowohl im Studium als auch in der Ausbildung die von uns in Anlehnung an Holt [17] eingeführte umfassende Art der Beobachtung und Aufzeichnung des weiblichen Zyklus nur an wenigen Orten gelehrt wird. Bei unseren Mitgliederversammlungen, die jedes Jahr in einem anderen Land des deutschsprachigen Raumes stattfinden, erzählen die Frauen von ihren zum Teil leidvollen Erfahrungen in der frauenärztlichen Praxis. Im Rahmen einer derartigen Mitgliederversammlung könnte ein offenes Gespräch mit Ärzten sehr fruchtbar sein und viele Missverständnisse abbauen. Derartige gemeinsame Gespräche könnten auch klären, in welcher Form und in welchem Ausmaß eine weitere intensive gynäkologische Fortbildung notwendig wäre. Für die einzelne Frau ist es relativ leicht, die richtige Auswertung ihrer eigenen Zyklen zu erlernen. Eine sachgerechte Interpretation der verschiedenen Zyklusaufzeichnungen anderer Personen verlangt jedoch viel zusätzliches Wissen und eine große Erfahrung. Es wird dies vielfach unterschätzt. Nur wer an unseren Intensivausbildungen teilgenommen hat, kann dies richtig ermessen; die Teilnehmer sind immer wieder erstaunt, als wie umfangreich und zeitaufwendig sich diese Ausbildung erweist.

Lehrmeinung und Erfahrung der Praxis

Es darf positiv vermerkt werden, dass die derzeit zur Verfügung stehenden Lehr- und Handbücher der Gynäkologie in ausgezeichneter Weise über die Ergebnisse der jüngsten Forschungen zur Theorie des weiblichen Zyklus und der gynäkologischen Endokrinologie informieren. Es sind dies Darstellungen auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau. In der Beurteilung verschiedener Zyklusabläufe und bei verschiedenen diagnostischen sowie therapeutischen Maßnahmen werden jedoch manche wichtige Bedürfnisse der Praxis offensichtlich nicht gesehen. Wie sehr dabei die gängigen Vorstellungen im Zusammenhang mit dem 28-Tage-Zyklus den Erfordernissen der Praxis nicht gerecht werden, soll im nachfolgenden an Hand von Zitaten (stehen in "Anführungszeichen"), die für jede Einzelfrage und für jedes Lehrbuch beliebig erweitert werden könnten, dargelegt werden. Ebenso erscheint es notwendig auf Aussagen hinzuweisen, die wissenschaftlich nicht korrekt sind und dadurch das Verständnis von Zyklusaufzeichnungen unmöglich machen können.

Die nachstehend angeführte "Einteilung der Zyklusstörungen durch das Menstruationsmuster" findet sich an den verschiedensten Stellen in den maßgeblichen Werken immer wieder, z.B. [8: S.72] [24: S.554]:

"Tempoanomalien
- Oligomenorrhoe >32 Tage, oder: mehr als 30-bis 35tägige Intervalle
- Polymenorrhoe <24 Tage"

Es erscheint nicht zweckdienlich, diese "Tempoanomalien" ohne zusätzliche Differenzierung als "Zyklusstörungen" zu erklären, da dies sofort zu Therapieversuchen verleitet. Es wird auch immer wieder ohne weitere Klärung versucht irgendeine Therapie anzuwenden, z.B.: "Wird nur eine Regulierung des Zyklus gewünscht, kommen Östrogen - Gestagen - Kombinationspräparate oder zyklische Gestagene zum Einsatz. Besteht Kinderwunsch, ist eine ovarielle Stimulationsbehandlung indiziert" [6: S.46]. Auch in der Zusammenfassung (S.56) wird nicht auf den ersten notwendigen Schritt einer persönlichen Zyklusbeobachtung eingegangen, sondern als Grundlage für das weitere Handeln das sog. Kaltenbach-Schema angeführt - wie auch an vielen anderen Stellen in der Literatur - das unserer Meinung nach nur eine grobe und sehr oberflächliche Orientierung erlaubt; es wäre nicht unangebracht, dieses Schema als obsolet einzustufen.

Immer wieder spielt der 28-Tage-Zyklus eine besondere Rolle. "Der normale Intervall zwischen den Blutungen beträgt 28 Tage" [11: S.34]. "Der menstruelle Zyklus dauert im Normalfall 28 Tage, wobei eine Schwankung von ±3 Tagen noch als regulär angesehen wird. Im normalen Zyklus findet die Ovulation am 12.-14. Zyklustag statt. Die Dauer der Corpus-luteum-Phase ist mit 13-14 Tagen stabiler als die Follikelphase" [42: S.44]. - Dazu ist hinsichtlich der Gelb­körperphase anzumerken, dass sich die Ergebnisse der Forschungen von Knaus [20,21,22] und Ogino [28,29] mit der Annahme der Dauer einer normalen Gelbkörperphase von etwa 12 bis 16 Tagen als richtig erwiesen haben. Rauscher traf bei einem Kollektiv von 77 Frauen mit Kinderwunsch 1957 folgende Feststellung [33]: "Die Ovulationszeiten fallen in einen Zeitraum, der 17 Tage ante menstruationem begann und 9½ Tage vor ihr zu Ende ging." Er fügte hinzu, dass bei jenen Frauen, die später schwanger wurden, in den vorausgegangene Zyklen die betreffenden Abstände 12 bis 16 Tage waren. Möglicherweise umfasst eine mögliche Streuung der Lutealphase von 11 bis 17 Tagen (Landgren et al. 1980) [23] den gesamten Bereich der noch als normal anzusehenden Variationsbreite, die mit der Annahme eines fertilen Zyklus vereinbar ist.

Der Blick für die mögliche Schwankungsform der als noch normal und fruchtbar anzusehenden Zyklusverläufe wird auch dadurch getrübt, wenn beispielsweise ein starres Schema bei der Bestim­mung von Progesteron angegeben und nicht zyklusgerecht in unserem Sinn vorgegangen wird:

"Progesteron: Normwert: >20 ng/ml
(Serumprobe, gewonnen am 23.Zyklustag, entsprechend Tage 8 post ovulationem, Tag des Blütestadiums des Corpus luteum eines Normalzyklus)" [43, S.341].

Die folgende Seite 342 beginnt mit einem an sich zutreffenden warnenden Hinweis:

"Cave: falsch-negativer Wert bei Oligomenorrhö mit normaler Lutealphase."

Dieser warnende Hinweis wird offensichtlich zumeist überlesen, oder könnte bedeutungslos erscheinen, da die Darstellung auf der Seite vorher mit der Art ihrer Formulierung Allgemein­gültigkeit beansprucht und eigentlich zum Ausdruck bringt, dass nur ein Zyklus von etwa 28-Tagen Länge als normal anzusehen wäre und eine Oligomenorrhö ohnehin a priori behandlungs­bedürftig sei. Immer wieder erhalten wir in unseren Beratungsdiensten von den Frauen die Mitteilung, dass bei einem negativen Progesteronbefund z.B. am 25.Tag die Diagnose "monophasischer" oder "anovulatorischer" Zyklus gestellt wurde; die entsprechenden Befunde liegen in unserem Archiv auf. Nicht nur bei Bestehen von Kinderwunsch war dann zumeist eine Reihe von therapeutischen Maßnahmen vorgesehen, die jedoch in der Mehrzahl derartiger Fälle als unnötig anzusehen waren. Dies vor allem dann, wenn die weitere Beobachtung der Zyklen ergab, dass die Zeichen der Fruchtbarkeit nicht "mittzyklisch" sondern bei einem zugrunde liegenden langen Zyklus später im Zyklus lagen und sich daran ein Anstieg der Aufwachtemperatur mit normal langer Hochlage anschloss. Jene Frauen, die bei Vorliegen einer derartigen Situation bei uns um Rat fragten, mussten wir natürlich informieren, dass therapeutische Maßnahmen zunächst nicht notwendig waren, sondern für einige Zeit eine sachgerechte Zyklusbeobachtung mit dem entsprechenden Verhalten bei Kinderwunsch wichtiger wäre.

Anmerkungen zu einer "zyklusgerechten" Diagnose und Therapie

Bestimmungen von Progesteron zur Beurteilung der Gelbkörperphase sollen unter Beachtung des Verlaufs der Aufwachtemperaturkurve erst dann vorgenommen werden, wenn die Hochlage der Temperatur feststeht, selbst wenn dies – wie bei langen Zyklen zu erwarten - spät im Zyklus sein sollte. Erst dann können wir unserer Meinung von davon sprechen, dass die Hormonbestimmung "zyklusgerecht" erfolgt ist. Bei einem therapeutischen Vorgehen würde es der Sichtweise "zyklusgerecht" entsprechen, wenn z.B. nach Goerke u. Mitarb. [10: S.501] "die Progesteron­substitution ab dem 3. hyperthermen Tag" begonnen wird. Es könnte auch als "zyklusgerecht" angesehen werden, wenn bei Diedrich (1998, S.84) [4] steht, dass "die Progesterongabe 3 Tage nach dem LH-Peak begonnen werden kann". Allerdings schreibt in einem anderen Werk desselben Jahres nahezu dasselbe Autorenteam: "Mit der Progesteronapplikation kann drei Tage nach dem mittzyklischen(!) LH-Anstieg begonnen werden" [5: S.216]. Auch in diesem Zusammenhang sei die Bemerkung erlaubt, dass der LH-Anstieg in einem normalen Zyklus nicht unbedingt "mittzyklisch" auftreten muss.

Wir verstehen unter "zyklusgerecht" ein Vorgehen, das sich am persönlichen Verlauf des Zyklus der betreffenden Frau orientiert, und zwar wird bei Diagnose und Therapie selbst bei sehr langen Zyklen die entsprechende Phase des Zyklus abgewartet. Wenn im Gegensatz dazu in der Literatur von einer "zyklusgerechten Verabreichung eines Gestagens vom 16.-25. Zyklustag" gesprochen wird, z.B. [42: S.28] [40: S.225] [49: S.255], dann illustriert dies, wie sehr der 28-Tage-Zyklus als der einzig normale Zyklus vorausgesetzt wird. Für viele Zyklen ist diese soeben zitierte Verabreichung eines Gestagens nicht zyklusgerecht im echten Sinn des Wortes und kann zu Dauerblutungen oder anschließende vermehrte Zyklusunregelmäßigkeiten führen. Es mag dies ein Grund dafür sein, warum manche Kollegen einer Gestagentherapie ablehnend gegenüber stehen, da bei einer Verabreichung eines Gestagens an von vornherein fix festgelegten Zyklustagen mit schlechteren Ergebnissen zu rechnen ist. Dahinter stehen auch die nicht sachgerechten Angaben der Beipackzetteln von Gestagenpräparaten, in denen z.B. bei der Polymenorrhö die Verabreichung z.B. vom 14. bis 25. Zyklustag angegeben wird; dies ist jedoch für viele Zyklusverläufe nicht "zyklusgerecht".

Eine zyklusgerechte Gestagentherapie kann sich am Verlauf der Aufwachtemperatur orientieren und in der dritten höheren Messung einsetzen, bzw. sollte sie unserer Erfahrung besser nach dem Ende der östrogenbestimmten Phase des beobachtbaren Zervixschleims beginnen. Dann ist das Endometrium entsprechend östrogen stimuliert und ein am besten 12 Tage lang zugeführtes Progesteron kann zur sekretorischen Transformation und anschließendem Abbluten führen; mit dem Eintreten der Entzugsblutung kann bei einem derartigen Vorgehen stets gerechnet werden. Bei lang anhaltenden Phasen eines beobachtbaren Zervixschleims (Zeichen eines Hyperöstrogenismus) ist ein anderes Vorgehen entwickelt worden, auf das hier nicht näher eingegangen werden kann. Unter einer zyklusgerechten Gestagentherapie im eigentlichen Sinn des Wortes konnten wir bei unregelmäßigen Zyklen gute Erfolge sehen. Da wir in unseren Beratungsstellen keine Therapie durchführen, sind wir bisweilen in einer nicht sehr angenehmen Lage. Wenn eine Frau anfragt, ob sie die ihr empfohlene Gestageneinnahme z.B. vom 14. bis 25.Tag vornehmen soll, dies aber auf Grund ihrer vorgelegten Zyklusaufzeichnungen nicht zyklusgerecht ist, versuchen wir das Einvernehmen mit dem behandelnden Arzt herzustellen. Wir stellen ein Merkblatt zur Verfügung, in dem das in unserem Sinne zyklusgerechte Vorgehen erklärt wird. Wir führen darin auch die Rezeptur von Progesteron für die vaginale Anwendung an, wie z.B. bei Feige u. Mitarb. [8: S.22], und die Möglichkeit einer Einnahme von Progesteron in mikronisierter Form (Deutschland: Utrogest®, Österreich und Schweiz: Utrogestan®). Meist kann das Einvernehmen mit dem Kollegen hergestellt werden.

Klarstellungen zu Durchführung und Auswertung von Temperaturmessungen

Wenn in Lehr- und Handbüchern die Temperaturmessung erwähnt wird und zur Verlaufs­beobachtung des Zyklus herangezogen werden soll, fehlen fast immer verwertbare Anleitungen zur korrekten Messung der Aufwachtemperatur. Auch die Darstellung des Verlaufs der Temperaturkurven entspricht im allgemeinen nicht der Realität, wenn z.B. ein Temperaturanstieg von mehreren Zehntelgraden und sein Eintreten innerhalb bestimmter Zyklustage verlangt wird, z.B. [8: S.129f., S.177]:

"Messung der morgendlichen Aufwachtemperatur, möglichst zum gleichen Zeitpunkt und unter ähnlichen Bedingungen (z.B. im Liegen nach einer gewissen Ruhepause)". - "Eine tägliche Körpertemperaturbestimmung (morgendlich, möglichst zur selben Zeit vor dem Aufstehen) ist erforderlich ......."

"Normal ist ein periovulatorischer Temperaturanstieg von mindestens 0,3-0,5°C innerhalb von 48 Stunden .......

Hinweise auf pathologische Abläufe sind:

  • treppenförmiger Anstieg: Corpus-luteum-Insuffizienz (CLI);
  • ..........
  • Temperaturanstieg nach dem 16.Zyklustag: ........".

"Die durch Ovulation und Lutealphase induzierte Temperaturerhöhung (0,5-1,0°C) wird benutzt, um das Konzeptionsoptimum zu bestimmen".

"Für den Nachweis einer gestörten Ovarialfunktion ist relevant: .......frühzeitiger, vor dem 12.-13. und nach dem 16.-17.Zyklustag liegender Temperaturanstieg" [24: S.554].

Es kann jedoch das Eintreten einer Schwangerschaft bei treppenförmigem Anstieg immer wieder beobachtet werden. Ein Temperaturanstieg vor dem 12. und nach dem 16.Zyklustag mit anschließender normaler Hochlage darf zunächst keinesfalls als pathologisch eingestuft werden. Es gibt Schwangerschaften, die von einem Verkehr vom 4. bis 6. Tag des Zyklus herrühren, mit einem Temperaturanstieg am 11.Tag und früher; über die bei langen Zyklen spät im Zyklus eintretenden Schwangerschaften wurde bereits gesprochen.

Ein Temperaturanstieg in dem oben beschriebenen Ausmaß kommt in der Praxis fast nie vor, wird aber in fast allen Lehr- und Handbüchern als notwendiger normaler Verlauf beschrieben, bisweilen auch als "mittzyklischer" Anstieg, z.B. [6: S.35, S.62, S.92] [10: S.479, S.517] [10: S.32] [12: S.72] [15: S.29] [18: S.117] [19: S.32] [30: S.62, S.84] [40: S.454] [41: S.30] [42: S.38, S.119] [43: S.133] [44: S.38] [49: S.210]. Falls zusätzlich Temperaturkurven abgebildet werden, sind diese fast immer als Phantasiekurven mit einem übertrieben starken und steilen Temperaturanstieg anzusehen. Wenn derartige Kriterien zum Maßstab genommen werden, müssen die von den Frauen vorgelegten Temperaturkurven zumeist als irregulär und als nicht auswertbar erscheinen, bzw. wird dann die Temperaturmessung als weitgehend unbrauchbar angesehen. Bei Befolgung unserer Instruktionen und bei Anwendung unserer an Holt [17] angelehnten Regeln erweisen sich nur wenige Temperaturkurven als nicht auswertbar.

Immer wieder findet sich die Angabe, dass die Temperaturmessung zur Unterscheidung eines ovulatorischen von einem anovulatorischen Zyklus diene und dass die Temperatur nach der Ovulation ansteige [6: S.35, S.92] [12: S.72] [15: S.29] [30: S.84] [40: S.454] [43: S.133] [44: S.38] Zunächst darf darauf hingewiesen werden, dass ein biphasischer Zyklus kein Beweis für eine stattgefundene Ovulation ist. Daher lässt sich ein ovulatorischer Zyklus auf diese Weise nicht feststellen. Außerdem ist zu sagen, dass die Aufwachtemperatur bereits vor der Ovulation ansteigen kann, was bereits 1950 in der Arbeit von Buxton & Engle [3] beschrieben wird. Dazu sagt Rauscher (1954, 1958) [32,34]: "Der Anstieg der Temperatur kann innerhalb eines Zeitraumes erfolgen, der vom Tage vor (gesperrt im Original) der Ovulation bis 4, in extremen Fällen sogar bis zu 6 Tagen nach ihr reicht." Es handelt sich dabei nicht nur um eine theoretische Frage, sondern es dient auch dem Verständnis des sogenannten "vorzeitigen Temperaturanstieges" (Rötzer, 1979) [37,38,39]; eine Erklärung hierfür liegt in der obligaten Luteinisierung von Granulosazellen des sprungreifen Follikels. Dass die Temperatur bereits vor der Ovulation ansteigen kann, ist auch in anderen Arbeiten beschrieben [1,9,14,25]. Ein Zyklusbeispiel einer Ovulation am Tag der 2.höheren Temperaturmessung (in 7 -11% der untersuchten Fälle) findet sich bei Raith et al. (1999, S.106, S.113) [31]. Die immer wieder zu findenden Angaben, dass die Temperatur nach der Ovulation ansteige, machen es schwer verständlich, wie eine Schwangerschaft selbst in der dritten höheren Messung und sogar später (eigene Beobachtung) auf Grund des Temperaturverlaufs allein eintreten kann, wenn der Ablauf der Zervixschleimphase bei der Auswertung der Temperatur nicht mitberücksichtigt wird. Eine verlässliche Auswertung der Temperaturkurve ist nur in Verbindung mit dem Zervixschleim möglich. Es kann dies hier nicht näher erklärt werden. Bei Rötzer [38,39] sowie bei Raith et al. [31] und in dem darauf basierenden Leitfaden [26] können die Einzelheiten nachgelesen werden.

In diesem Zusammenhang sei auf eine andere weit verbreitete irrtümliche Annahme hingewiesen. Frauen erhalten von ärztlicher Seite immer wieder die Auskunft, dass der tiefste Punkt ("Nadir") vor dem Anstieg der Temperatur der Tag der Ovulation sei. Zwei Tage danach sei mit einer Konzeption nicht mehr zu rechnen. Das hat bereits zu überraschenden Schwangerschaften geführt. Zunächst sei festgehalten, dass ein ausgeprägter Tiefpunkt vor einem steilen Anstieg nur selten vorkommt. Morris u. Mitarb. (1976) [25] setzten bei 27 Frauen den tiefsten Punkt der Temperatur vor dem Anstieg in Beziehung zum LH-Anstieg, von dem aus eine zeitlich fixierte Beziehung zum Tag der Ovulation angenommen werden kann. Gegenüber dem Nadir ergab sich bei dieser geringen Anzahl von Frauen eine Variationsbreite des Tages mit dem LH-Anstieg von 3 Tagen vor dem Nadir bis zu 2 Tagen danach; das ergibt zumindest 6 mögliche Tage der Ovulation. Templeton u. Mitarb. (1982) [45] fanden bei einer ähnlichen Untersuchung in Beziehung zum Nadir bei 198 Zyklen 8 mögliche Tage der Ovulation. Wetzels u. Mitarb. (1982) [50] bestimmten den Tag der Ovulation mit Hilfe von Ultraschallbefunden und Hormonbestim­mungen. Bei 34 Zyklen ergab sich im Vergleich zum Nadir eine Variationsbreite bis zu 10 Tagen, wobei der Tag der Ovulation bis zu 6 Tagen nach dem Nadir gefunden werden konnte.

Ausblick

Wir sind besonders jenen Kolleginnen und Kollegen zu Dank verbunden, die an unseren Intensiv­ausbildungen in Deutschland, in Österreich, in der Schweiz, in Italien und in Polen teilgenommen oder sich persönlich weitergebildet haben. Als ein gutes Beispiel einer positiven Zusammenarbeit hat sich nachfolgende Lösung erwiesen. In den Räumlichkeiten der ärztlichen Praxis wird ein Raum zur Verfügung gestellt, in dem eine ausgebildete Beraterin Sprechstunden - meist am Abend - abhalten kann. Die ärztliche Praxis wird dadurch entlastet, zumal eine Einzelberatung zur Einführung in eine umfassende Zyklusbeobachtung und Zyklusauswertung viel Zeit beansprucht. Außerdem sind dann die zur Verfügung stehenden Zyklusaufzeichnungen eine gute Grundlage für die Diagnose und eine eventuell erforderliche Therapie.

Es besteht zweifelsohne Einvernehmen, dass in der ärztlichen Praxis die Sorge um das Wohl der Rat suchenden Frauen an erster Stelle zu stehen hat. Die moderne Frau ist sehr interessiert an allen Fragen die mit ihrer Gesundheit zu tun haben und erhält zwangsläufig viele einschlägige Informationen aus Fernsehen sowie allen möglichen Printmedien, die dann in der ärztlichen Sprechstunde zur Sprache kommen. Als Ärzte sollen wir gute Argumente der Frauen ernst nehmen und nicht vorschnell ein oberflächliches Urteil fällen. So haben die oben geschilderten Erfahrungen über unnötige Reibungsflächen zwischen zu wenig über das Zyklusgeschehen der Frau informierten Ärzten und mit ihrem persönlichen Zyklus vertrauten Frauen den Verfasser dieser Zeilen veranlasst, eine mit ausführlichen Literaturhinweisen versehene Monographie zu schreiben, die versucht entsprechende Richtigstellungen und erweiterte Informationen für beide Seiten anzubieten (Rötzer, 1999) [38]. Im Zentrum dieses Buches steht der persönliche Zyklus der Frau, von der Vorpubertät bis in die Wechseljahre. Abgehandelt wird der normale Zyklus, der Zyklus bei Mädchen und jungen Frauen, das Vorgehen bei Kinderwunsch, Aufzeichnungen nach der Geburt, der Zyklus in den Wechseljahren, der unregelmäßige Zyklus, der Zyklus nach Absetzen der "Pille". Auf Grund der derzeitigen Literaturkenntnis des Autors dürften in dieser Monographie zum ersten Mal die Aufzeichnungen eines Mädchens vor Einsetzen der Menarche publiziert sein. Es mag auch der Hinweis angebracht sein, dass sich bei jenen Mädchen die frühzeitig ihr Zyklusgeschehen beobachten, ein biphasischer Zyklus mit Zeichen der Fruchtbarkeit und mit ausreichender Hochlage der Temperatur zu einem überraschend frühen Zeitpunkt einzuspielen scheint. Entsprechende Beispiele werden in der Monographie angeführt.

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Anschrift des Autors:

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„Sensationsmeldungen“ über Mehrfachovulationen

eine Stellungsnahme von Prof. Dr. Rötzer
A-4840 Vöcklabruck, 10.01.2004

"Sensationsmeldung"

Ab etwa Juli 2003 kam es wiederholt zu Aufsehen erregenden „Sensationsmeldungen“, dass es im Verlaufe eines Menstruationszyklus zu mehr als einer Ovulation und noch dazu in verschiedenen Phasen des Zyklus kommen könne. Es müssten daher die Lehrbücher umgeschrieben werden und eine Natürliche Empfängnisregelung sei nicht möglich. Man berief sich auf eine von Angela R. Baerwald und Mitarbeitern publizierte wissenschaftliche Arbeit einer Universitätsfrauenklinik in Kanada in einer angesehenen medizinischen Fachzeitschrift: „Fertility and Sterility, Vol.80, No.1, July 2003, pp.116-122“.

Zu den o.a. angeführten voreilig gezogenen Schlussfolgerungen sollen für unsere INER-Mit­glieder im nachfolgenden notwendige Klarstellungen gebracht werden.

Es ist seit langem bekannt, dass jene Gruppe von Follikeln, aus der später der sprungreife Follikel hervorgehen soll, bereits einige Monate vor der Ovulation im betreffenden Eierstock nachgewiesen werden kann. Es erfolgt dann ein Wachstum der Follikel in aufeinander folgenden Wellen. Es ist außerdem seit langem bekannt, dass in der Gelbkörperphase des der Ovulation vorausgegangenen Zyklus bereits stärker herangewachsene Follikel zu erkennen sind, von denen jedoch keiner die übliche Größe eines sprungreifen Follikels erreicht. So weit decken sich die Beobachtungen der kanadischen Arbeit mit unserem bisherigen Wissen. Die von den untersuchenden Wissenschaftlern als neu eingestufte Beobachtung, dass im Zyklus in dem die Ovulation eintritt, das Wachstum der Follikel in zwei oder drei Wellen erfolgen kann, ist nur eine Bestätigung der von uns seit vielen Jahren gemachten Beobachtung, dass in langen Zyklen zwei oder mehr Phasen von  S  auftreten können, bevor die Ovulation erfolgt. In den Lehrbüchern blieb dies allerdings unbeachtet.

Die kanadische Arbeit beschreibt...

Die kanadische Arbeit beschreibt keine beobachtete und tatsächlich erfolgte Ovulation außerhalb der östrogenbestimmten ovulatorischen Phase, vor allem keine in der Gelbkörperphase stattgefundene Ovulation.

In der kanadischen Arbeit findet sich nur die spekulative Annahme, dass eine Ovulation bei in der Gelbkörperphase sich entwickelnden Follikeln erfolgen könnte, wenn ein kräftiger und steiler LH-Anstieg zur Ruptur eines Follikels führt. Dazu ist zu bemerken:

  • Es kann nur dann zu dem notwendigen LH-Anstieg kommen, wenn ein steil ansteigender und sehr hoher Östrogenspiegel (Östrogengipfel) einen LH-Anstieg auslöst. Ein derart hoher Östrogenspiegel ist jedoch in der Gelbkörperphase nie gegeben.
  • Außerdem kann der notwendige LH-Anstieg in der Gelbkörperphase nicht erfolgen, da in dieser Phase das vom Gelbkörper gebildete Progesteron dies nicht zulässt. In der Praxis ist noch nie in der Gelbkörperphase weder ein derartig kräftiger und steiler LH-Anstieg noch eine Ovulation beobachtet worden, und es ist dies in der Weltliteratur noch nie beschrieben worden.

Das Ergebnis der kanadischen Arbeit wurde vor allem von Journalisten falsch gedeutet und es wurde damit eine irrige Ansicht in die Welt hinausposaunt. Leider übernahmen sogar medizinische Zeitschriften diese Agenturmeldung ohne sie kritisch zu hinterfragen.

Insgesamt steht fest, dass die Grundlage der Natürlichen Empfängnisregelung unangetastet bleibt und unerschütterlich ist:

Außerhalb der bestimmbaren möglicherweise fruchtbaren Tage gibt es keine Ovulation.

Prof.Dr.med.Josef Rötzer, A-4840 Vöcklabruck, 10.01.2004

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